Magnificat anima mea Dominum! »Meine Seele preist die Größe des Herrn!« Unter diesem Titel stand das Weihnachtskonzert von Camerata vocale Berlin unter der
Leitung von Daniel
Kirchmann am 18. Dezember 2022, dem 4. Advent, in der Philharmonie Berlin.
Die Intensität der beiden Vertonungen des Magnificat von Johann Sebastian Bach und John Rutter überwältigten das Publikum. Der Text des
Magnificat geht auf einen der Lobgesänge im Lukasevangelium zurück und erzählt von der unbändigen Freude, die Maria empfindet, als ihr ein Engel verkündet, dass sie Gottes Sohn gebären wird. Als
die schwangere Maria, die sich in einem kleinen Dorf am Rande Welt in einer bedrückenden Lebenslage befindet, vor ihrer ebenfalls schwangeren Freundin Elisabeth steht, bricht sie in Freudenstürme
aus. Endlich fühlt sie sich verstanden. Endlich gibt es ein Licht in der dunklen Welt, zeigt sich das rettende Handeln Gottes.
Neben den euphorischen Momenten ergriffen auch die stillen und nachdenklichen Augenblicke das Publikum sehr. Zusammen mit den Berliner Symphonikern sowie den Solistinnen Esther Hilsberg (Sopran), Frieda Jolande Barck (Sopran), Seda Amir-Karayan (Alt) und den Solisten Burkhard Solle (Tenor) und Hans-Arthur Falkenrath (Bass), denen Camerata vocale herzlich dankt, traf der sich steigernde chorische Gesang das Publikum
mitten ins Herz. Esther Hilsberg gestaltete nicht nur das Magnificat von Bach mit, sondern glänzte auch im Magnificat Rutters mit mehreren Sologesängen, die vom Chor dialogisch begleitet oder
ausdrucksstark beantwortet wurden.
Seinen besonderen Reiz fand das Weihnachtskonzert in der stilistischen Vielfalt dieser beiden Interpretationen. Bach schrieb seine Vertonung für das
Weihnachtsfest 1723 und ergänzte sie um vier Chorsätze, die gegenüber der ursprünglichen Fassung den Bezug zu Weihnachten verstärkten. 1733 arbeitete er seine Komposition zu der
heute meisten aufgeführten Fassung in D-Dur um. Ihre Besonderheit ist ein gegenüber der traditionellen römischen Kirchenmusik bzw. der mitteldeutsch-lutherischen Tradition moderner Ton und eine
künstlerische Konzentration, die das Magnificat auch in den Vespergottesdienst einbinden ließ. John Rutters Vertonung, der sie ebenfalls um zwei Zusätze und
einen Einschub ergänzte, stellt Bach einprägsame Rhythmen und lyrische Passagen gegenüber. Rutters Interpretation brilliert durch ihren melodischen Erfindungsreichtum und einen
raffinierten Umgang mit harmonischen Farbwerten.